Neue SOLUTE-Studie: New Work in der Klinikpflege

Mit New Work gegen den Fachkräftemangel

Der Fachkräftemangel in Deutschland ist in aller Munde. In der Pflege erweist er sich als besonders stark ausgeprägt bei stetig steigendem Pflegebedarf, während nur 19 % der Krankenpflegekräfte ihren Beruf bis zur Rente ausüben wollen (1). Die Gründe liegen zu großen Teilen in den Arbeitsbedingungen: erhöhte und gefühlt noch steigende Arbeitsbelastung durch dünne Personaldecken bei ohnehin schon großen Betreuungsschlüsseln, wobei Corona die Situation vielerorts noch verschärft hat, psychische Belastungen durch Zeitdruck und physische durch schweres Tragen und Heben (2). Das Potenzial zur Verbesserung der Personalsituation in der Krankenpflege durch die Etablierung von New-Work-Ansätzen ist dementsprechend groß.

Vor diesem Hintergrund haben wir in unserer neusten Studie mithilfe einer Befragung von Führungskräften aus der Klinikpflege den Kenntnisstand zu New Work sowie den Status Quo bereits etablierter New-Work-Ansätze in der Krankenhauspflege untersucht und die Ergebnisse als Ausgangspunkt für eine Lagebewertung genutzt.

 

Die Ergebnisse in Kürze

  • Besonders häufig kennen sich nach eigener Einschätzung die männlichen Teilnehmenden dieser Studie gut mit New-Work-Ansätzen aus, ebenso Teilnehmende zwischen 41 und 50 Jahren.
  • Mit Höhe der Führungsebene nimmt das entsprechende Wissen bzw. das Fehlen von Kenntnissen zu New-Work-Ansätzen fast proportional zu bzw. ab.
  • Bei Teilnehmenden mit Studienabschluss ist erwartungsgemäß das Wissen über New-Work-Ansätze am stärksten vorhanden. Je niedriger das Weiterbildungsniveau, desto geringer fallen im Umkehrschluss die New-Work-Kenntnisse aus.
  • Expert*innen bzw. stark ausgeprägte New-Work-Kenntnisse sind vor allem bei den Teilnehmenden aus großen Häusern zu finden und das Fehlen dieses Wissens vor allem in kleinen bis mittelgroßen Strukturen.
  • New-Work-Kenner*innen arbeiten zudem oft bei öffentlichen und konfessionellen Trägern und finden sich des Weiteren häufig in Solitärhäusern.
  • Ebenso kennen sich Befragte aus großen Klinikstrukturen mit mehr als 800 Betten besonders häufig sehr gut mit New-Work-Ansätzen aus.
  • Regional sind die Kliniken von Teilnehmenden, die angeben, sich besonders gut mit New-Work-Ansätzen auszukennen, in Großstädten mit mehr als 100.000 Einwohnenden zu verorten.
  • Bislang haben in Kliniken vor allem solche New-Work-Ansätze stark oder sehr stark Einzug gehalten, die sich in der Umsetzung als wenig ressourcen-, prozess- und organisations-disruptiv beschreiben lassen – oder umgekehrt auch als eher konservativer Natur charakterisiert werden können.
  • Die wirklich disruptiven New-Work-Ansätze, die umfangreiche Ressourcen insbesondere in den Bereichen Finanzen, Arbeitsorganisation und Mind-Set/ Vertrauen benötigen – wie etwa die Etablierung einer Regelarbeitszeit von weniger als 35-Wochenarbeitsstunden oder Budgetautorität für Teams – sind bislang seltener in den pflegerischen Strukturen deutscher Kliniken angekommen.
  • Auch anhand der am häufigsten in Planung befindlichen New-Work-Ansätze zeigt sich noch einmal deutlich, dass die Pflegedienste deutscher Kliniken auf dem Weg zu New-Work-Organisationen noch weit am Anfang stehen, wenn etwa Digitalisierungsmaßnahmen zur Ermöglichung der Fokussierung auf die pflegerische Kernarbeit, ein strukturiertes Weiterbildungskonzept für jede Pflegekraft oder Kennzahlentransparenz bislang noch gar nicht etabliert sind – gerade, wo die beiden letztgenannten am Ende verhältnismäßig geringen Ressourceneinsatz bedürfen.
  • Vor dem Hintergrund der positiven Effekte, die New Work zugeschrieben werden, ist es ernüchternd, dass die Etablierung der im Rahmen dieser Studie abgefragten ebenso wie weiterer New-Work-Ansätze nur bei der Hälfte der Befragten auf der Agenda ist.

 

Ein positiver Ausblick

Dennoch lässt sich vor dem Hintergrund dieser zunächst ernüchternd anmutenden Ergebnisse ein positives Resümee für Führungskräfte in der Pflege und ihre tägliche Leitungsarbeit ziehen: Wo die Latte an gelebten neuen Arbeitsformen in den Pflegediensten deutscher Kliniken bislang noch eher niedrig zu hängen scheint, lassen sich mit verhältnismäßig geringen Mitteln große Effekte in Bezug auf die Mitarbeitendenzufriedenheit erzielen – und sich so im Wettlauf um Auszubildende, Fachkräfte und Berufsrückkehrer*innen als interessante, aus der Masse herausstechende Arbeitgeber positionieren.

Die vollständigen Ergebnisse der Studie inklusive aller Diagramme können Sie hier als PDF abrufen.

 

Christina Krey | Managing Partnerin
Titelbild: Adobe Stock
Diagramm: Eigene Darstellungen

 

(1) DGB-Index Gute Arbeit (2023): Arbeitsbedingungen in der Pflege revisited, https://index-gute-arbeit.dgb.de/++co++e6d7006e-ef35-11ed-baf5-001a4a160123 abgerufen am 16.11.2023.
(2) Ebenda