Glanz nach außen, Bruchbude dahinter: Was Kliniken beim Personal grundlegend verändern müssen

Viele Kliniken investieren heute viel Geld in Hochglanz-Karriereseiten, Imagekampagnen und Employer-Branding-Projekte. Es wird von „Teamspirit“, „moderner Arbeitswelt“ und „Empathie“ gesprochen. Doch oft reicht ein einziger Bewerbungstag, um diese Versprechen zum Einsturz zu bringen:

  • Bewerbungsgespräch im fensterlosen Besprechungsraum – ohne Wasser, ohne Wertschätzung.
  • Prozesse nach Schema F – Rückmeldungen dauern Wochen, persönliche Kommunikation fehlt.
  • Die Führungskraft kennt den Lebenslauf kaum und nach Benefits gefragt heißt es nur: „Das macht die Personalverwaltung“.
  • Standardfragen ohne Tiefgang: „Wo sehen Sie sich in fünf Jahren?“ und „wie würden Sie sich als Führungskraft beschreiben“.

Was bleibt hängen?
⚡ Ein Bruch zwischen Anspruch und Wirklichkeit. Zwischen Employer Brand und Realität am Empfang.

👉 Wer wirklich Fachkräfte gewinnen will, sollte weniger versprechen – und mehr halten. Die besten Botschafter*innen für eure Klinik sind nicht Plakate, sondern Menschen. Und der erste Eindruck zählt.

Autor:

Florian Winkler ist Managing Partner bei SOLUTE und seit 2008 spezialisiert auf Besetzungsverfahren in Kliniken – von Ärztespitzenpositionen über Management- und Digitalrollen bis hin zur Begleitung komplexer Restrukturierungs- und Fusionsprojekte.

𝐖𝐞𝐫 𝐡𝐞𝐮𝐭𝐞 𝐛𝐞𝐬𝐬𝐞𝐫 𝐫𝐞𝐜𝐡𝐭𝐳𝐞𝐢𝐭𝐢𝐠 𝐡𝐚𝐧𝐝𝐞𝐥𝐭, 𝐦𝐮𝐬𝐬 𝐦𝐨𝐫𝐠𝐞𝐧 𝐰𝐞𝐧𝐢𝐠𝐞𝐫 𝐫𝐞𝐭𝐭𝐞𝐧

Zur ehrlichen Bestandsaufnahme gehört auch: Die Nachfolgeplanung in vielen Häusern ist strukturell zu spät dran.

Wir werden häufig 6 Monate oder weniger vor dem Ruhestand einer Führungskraft beauftragt – in der Hoffnung, „noch jemanden zu finden“, der idealerweise 2 Monate Einarbeitung mitbekommt. Realistisch? Nein.

Denn:

  • Kündigungsfristen liegen meist bei 3 + Monaten
  • Entscheidungsprozesse verzögern sich regelmäßig durch Weihnachtszeit, Ferien, Wirtschaftsplanung usw.
  • Der Fachkräftemangel betrifft längst auch Verwaltung, IT und Controlling

Das Ergebnis:
➡️ Führungslücken
➡️ Teure Interimslösungen
➡️ Belastung der Teams

𝐒𝐨 𝐠𝐞𝐡𝐭 𝐞𝐬 𝐫𝐢𝐜𝐡𝐭𝐢𝐠: 𝐄𝐢𝐧 𝐦𝐨𝐝𝐞𝐫𝐧𝐞𝐫, 𝐯𝐨𝐫𝐬𝐨𝐫𝐠𝐞𝐧𝐝𝐞𝐫 𝐏𝐞𝐫𝐬𝐨𝐧𝐚𝐥𝐛𝐥𝐢𝐜𝐤

Wer eine Klinik zukunftsfähig führen will, muss Candidate Experience und Nachfolgeplanung als zusammenhängende Kette betrachten: Von der strategischen Planung über den ersten Kontakt bis zur Staffelstab-Übergabe.

📅 Realistische Vorlaufzeiten

  • Chefärzt*innen & Schlüsselrollen: 12–18 Monate
  • Weitere Führungspositionen: 9–12 Monate (abhängig von Kündigungsfristen)
  • In den Kalendern direkt Raum schaffen für Termine mit Kandidat*innen und dem Auswahlgremium und dennoch flexibel bleiben!

🔎 Multimodales Vorgehen statt Schema F

  • Netzwerke frühzeitig aktivieren
  • Online & analog strategisch bespielen (z. B. LinkedIn, Fachgesellschaften)
  • Personalberater*innen rechtzeitig einbinden und nicht erst, wenn man selbst keinen Erfolg hat
  • Interne Optionen offen prüfen – z. B. kommissarische oder langfristige Lösungen

🌿 Echte Willkommenskultur leben

  • Bewerbungsgespräche wertschätzend gestalten
  • Digitale Möglichkeiten nutzen für eine erste Sondierung
  • Führungskräfte aktiv einbeziehen, nicht delegieren
  • Hospitationen oder andere Formen des Kennenlernens anbieten
  • Prozesse beschleunigen, ohne Qualität einzubüßen
  • Konsistente Kommunikation – nach außen und innen

𝐅𝐚𝐳𝐢𝐭: 𝐄𝐢𝐧𝐞 𝐬𝐭𝐚𝐫𝐤𝐞 𝐌𝐚𝐫𝐤𝐞 𝐛𝐞𝐠𝐢𝐧𝐧𝐭 𝐛𝐞𝐢𝐦 𝐄𝐢𝐧𝐬𝐭𝐢𝐞𝐠, 𝐧𝐢𝐜𝐡𝐭 𝐚𝐦 𝐌𝐚𝐫𝐤e𝐭𝐢𝐧𝐠𝐭𝐢𝐬𝐜𝐡

Employer Branding, Candidate Experience, Recruiting, Bewerbungsmanagement und Nachfolgeplanung sind keine getrennten Silos – sie sind ein zusammenhängender und ineinandergreifender Prozess.
Wer nur Schaufenster poliert, aber hinten den Bruchbuden-Prozess laufen lässt, verliert die besten Köpfe schon beim ersten Kontakt.
Wer frühzeitig plant, ehrlich kommuniziert und professionell führt, gewinnt – nachhaltig.