„Können Sie gerade frei sprechen?“

Wenn ich meinen Arbeitstag im Research starte, mich also der Suche und Ansprache passender Kandidaten widme, bin ich mir bewusst, was heute passieren wird – anders ist es bei meinen Kandidaten, die in der Regel nicht wissen, dass ich mich heute mit einem Job-Angebot telefonisch bei ihnen melden werde. Gerade mit Blick auf die unterschiedlichen Berufsgruppen – Mediziner, Pflegeführungskräfte, Krankenkassen-Spezialisten – lassen sich interessanterweise gewisse Prognosen über deren Reaktionen und den Gesprächsverlauf treffen.

Bei der Ansprache von Führungskräften aus der Pflege kann es oftmals sein, dass das Gegenüber zunächst irritiert ist und denkt, es handle sich um einen akquisitorischen Anruf:

„Da müssen Sie in der Personalabteilung anrufen, da sind Sie bei mir falsch.“

Hier sind klare Wort nötig, um im gesetzlich vorgegebenen Zeitrahmen für eine Ansprache am Arbeitsplatz zu bleiben. Meist reicht eine ganz profane aber eindeutige Frage à la:“Haben Sie Interesse an einem Jobwechsel?“ Spätestens dann ist man auf der gewünschten Spur und kann in das eigentliche Gespräch einsteigen.

Ganz gegenteilig gestaltet sich die Ansprache von Medizinern. Tatsächlich lässt schon die jeweilige Fachdisziplin vor dem Telefonat Vermutungen zu: Ärzte aus dem diagnostischen Bereich sind eher von kommunikativer Natur, Ärzte schneidender Disziplinen wollen direkt über Zahlen, Daten, Fakten sprechen und fällen binnen Sekunden ihre Entscheidung: „Hauptsache ich bin schnell am Wasser zum Segeln“ (Antwort auf die Frage nach der regionalen Gebundenheit) ist hier eine prototypische Reaktion.

Eine ganz besonders eloquente und meist extrovertierte Berufsgruppe sind Vertriebspersönlichkeiten. Hier gilt es für uns im Research die Gesprächsführung nicht zu verlieren und beim Thema zu bleiben. Besonders bei einem ausführlicheren Telefonat nach erfolgreicher Erstansprache sollte man sich vor dem Austausch Gedanken über das zu verfolgende Ziel des Telefonates machen, um den roten Faden nicht zu verlieren. So kam es bereits vor, dass einer unserer Researcherinnen aufgrund ihrer freundlichen Telefonstimme eine Verabredung zum Kaffee vorgeschlagen und der anderen der Wechsel der Krankenversicherung angeboten wurde.

Auch Führungspersönlichkeiten im Betrieb der Krankenkassenlandschaft sind in der Regel kommunikativ und vor allem schnell interessiert.

„Ich habe zwar kein Interesse an einem Wechsel, aber um wen handelt es sich denn bei Ihrer Mandantin?“

Ein lockerer Austausch zur Welt der Krankenkassen, die in der Regel noch eher weniger durch Headhunter bearbeitet wird, bietet sich hier alle Male, oftmals auch mit gewünschtem Ergebnis.

Über alle Berufsgruppen hinweg lässt sich zusammenfassend sagen, dass die angesprochenen Kandidaten einem losen Austausch zunächst meist offen gegenüberstehen. Aus meiner Sicht ist die telefonische Direktansprache ein persönliches Mittel, um im Dialog Informationen zu erhalten und zu geben. Die daraus resultierende Besetzung bestehender Vakanzen bei unseren anspruchsvollen Kunden ist dabei stets das finale Ziel.

Inga Pscherer, Senior Research Consultant und Leitung Research