Ärztemangel in Deutschland – wie sich Kliniken für bulgarische Spezialisten attraktiv machen können

Es ist schwierig, verlässliche Aussagen zur Zahl bulgarischer Mediziner zu treffen, die bereits erfolgreich in Deutschland tätig sind. 2017 verließen ca. 450 Ärzte Bulgarien Richtung Deutschland, England und Frankreich. Nach Deutschland kamen nur ein Jahr zuvor allein im ersten Quartal 153 bulgarische Mediziner. Sie sind meist gut ausgebildet und häufig leistungsorientierter als ihre deutschen Kollegen der vielfach beschriebenen Generation Y.

Doch wie erfahren bulgarische Mediziner in meiner Heimat überhaupt von den Möglichkeiten, die sich ihnen in Deutschland bieten? Und wie können Kliniken hierzulande diese Kanäle für die gezielte Rekrutierung von ärztlichen Spezialisten nutzen?

Neben Medienbeiträgen, die von besseren Gehaltsmöglichkeiten in Deutschland berichten, oder Freunden und Bekannten, die bereits einen neuen Weg im Ausland gefunden haben, sind es derzeit vor allem bulgarische (und einige deutsche) Personalvermittlungen, die gezielt bulgarische Ärzte ansprechen. Neben der eigentlichen Kontaktherstellung sind es aber vor allem auch die Dienstleistungen drum herum – die Vorbereitung auf die Bewerbungsgespräche in Deutschland, die Organisation der Reise und die Unterstützung bei bürokratischen Hürden wie der Beantragung einer deutschen Approbation oder der Eröffnung eines Bankkontos – die bulgarischen Spezialisten den Weg ebnen und ganz persönliche Ängste abfedern. Genauso gehört hierzu natürlich auch die Organisation von notwendigen Sprachkursen.

Ein weiterer Weg, um als deutsche Klinik mit bulgarische Medizinern in Kontakt zu kommen und sie für eine Auswanderung nach Deutschland zu gewinnen, sind Karrieremessen für medizinisches Personal wie etwa die Careers in white, die bereits seit 17 Jahren als Format auf dem europäischen Markt stattfindet und auch regelmäßig im bulgarischen Varna gastiert. Die Messe ist sicherlich vor allem eine Chance, um mit jungen Medizinern in Kontakt zu kommen. Gerade für deutsche Krankenhäuser aus dem ländlichen Gebiet könnte ein solch direkter Kontakt zum ausländischen Ärztenachwuchs eine wertvolle Möglichkeit sein, sich attraktiv zu machen, da viele bulgarische Ärzte fälschlicherweise davon ausgehen, ländliche Häuser seien in einem desolaten Zustand, wie es in Bulgarien oft der Fall ist. Solche Vorurteile können im direkten Kontakt schnell ausgeräumt werden.

Viel Potenzial also für deutsche Kliniken, sich neben Frankreich und England als attraktives Arbeitgeberland zu präsentieren, und so bulgarische Spezialisten und leistungsorientierten Nachwuchs zu gewinnen. Vor allem durch die Begleitung im Auswanderungs- und Einlebe-Prozess – quasi im Rahmen eines erweiterten Onboardings – muss dann sichergestellt werden, dass diese Mediziner auch langfristig in Deutschland ankommen, sich hier dauerhaft wohlfühlen und sich der Rekrutierungsaufwand lohnt.

Elena Pavlova, Junior Research Consultant